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Die Natur im Jahresverlauf

       

April: Duftender Eis- und Herzensbrecher

       

Das Maiglöckchen lässt die Herzen höher schlagen. Nicht nur die von Verliebten, sondern auch die von Herzkranken. Der intensiv duftende Frühlingsbote aus dem Unterholz hat sich als Medizinalpflanze in der Spitzenmedizin halten können.

«Doch kaum der Rief das Tal verlässt/ da rufet wieder schnell/ Maiglöckchen auf zum Frühlingsfest...» So beschrieb im 19. Jahrhundert der Dichter Hoffmann von Fallersleben das Phänomen, das sich nun in der Natur beobachten lässt. Sobald die letzten Kälteeinbrüche vorbei sind, erblühen in Laubwäldern und in Gärten die Maiglöckchen (Convallaria majalis).

Schon seit Jahrhunderten ist das Maiglöckchen als Frühlingsbote bekannt und in unterschiedlichen Bräuchen verankert. Wer am 1. Mai Maiglöckchen bei sich trägt, soll nach altem Volksglauben das ganze Jahr Glück haben. In Frankreich hat sich bis heute der Brauch gehalten, am 1. Mai Maigöckchen als porte-bonheur (Glücksbringer) zu verkaufen. Und wer sie schenkt, drückt damit «innige Liebe» aus. Daher werden Maiglöckchen oft in Brautsträusse gesteckt.


Maiglöckchen © Pro Natura / K. Weber

Herzstärkendes Tonikum

Auch medizinisch gesehen ist das Maiglöckchen eine «Blume der Herzen». Im 16. Jahrhundert wird das erste Mal über die Herz stärkende Wirkung dieser Pflanze berichtet. Der deutsche Botaniker Hieronymus Bock (1498 - 1554) empfiehlt deren Wirkstoffe ausserdem zur Behandlung von Schwindel, Fallsucht und bei Augenleiden. Heutzutage finden sich Präparate des Maiglöckchens in Medikamenten zur Behandlung von Herzschwäche und Herzrhythmusstörungen.

Tödliches Gift

Was in geringer Dosis Segen bringt, wirkt in zu hoher Dosis tödlich. «Vor allem in den Blüten, Beeren und jungen Blättern findet man giftige Digitalisglykoside in hoher Konzentration», warnt Pro Natura Pflanzenexperte Ueli Berchtold. Hauptwirkstoff ist das Convallatoxin. Typische Symptome für Maiglöckchenvergiftungen sind Übelkeit, Sehstörungen, Durchfälle und Schwindelgefühl. Bei starken Vergiftungen kommt es zu Herzrhythmusstörungen und schliesslich zum Herzstillstand. Starke Vergiftungen sind aber selten, da der Körper die Giftstoffe schlecht aufnimmt.

       
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April: Vollprogramm nach Winterschlaf

       

Der Schnee im Alpenraum beginnt langsam zu schmelzen, die Temperaturen steigen und mit ihnen kraxeln auch die Murmeltiere aus ihren Winterbauen heraus. Zeit für ein gemütliches Erwachen bleibt jedoch keine, denn schon steht die Paarungszeit vor der Tür.

Der Name Murmeltier kommt vom lateinischen «Mus montis» (Bergmaus), und wortwörtlich durch den Winter ge-maus-ert haben sich unsere Alpenmurmeltiere auch. Die letzten Monate verbrachten sie in ihrem mit einem sogenannten Zapfen aus Erde und Steinen verschlossenen Winterbau, zusammen mit bis zu zehn Murmelis, eng aneinander gekuschelt, im Schlafkessel zuhinterst im Bau. Je nach Höhenlage verschlafen die grossen Nagetiere zwischen fünf und acht Wintermonate in ihren mit Heu gepolsterten Schlafnischen, die bis zu drei Meter unter der Bodenoberfläche liegen.


Murmeltier © Pro Natura / C. Morerod

«Schlafen wie ein Murmeltier»

Was die Murmeltiere in den Winterschlaf wiegt und wie dieser genau abläuft, wissen Forscher noch nicht im Detail. Es muss sich um ein Zusammenspiel komplexer Vorgänge handeln, besonders was die Steuerung des Winterschlafes betrifft. Die Tiere wachen nämlich alle 3 bis 4 Wochen einmal auf, um Harn zu lassen. Und auch ihre Fähigkeit, bei einem zu starken Absinken der Temperatur zu erwachen, weist auf einen fein regulierten Mechanismus hin. Denn während ihrem Winterschlaf verfallen die Murmeltiere in eine Art Lethargie: «Sie fühlen sich kalt an, reagieren weder auf Lärm noch auf Schmerz, und verlieren während dieser Zeit mit durchschnittlich 1,5 Kilogramm ein gutes Drittel ihres Körpergewichts», erklärt Pro Natura Zoologin Nathalie Rochat.

Fressen und Lieben

Kaum aufgewacht, ziehen die grössten Nagetiere der Alpen in einen der weitverzweigten Gemeinschaftsbaue um. Mit der erwachenden Natur erweitern sie ihren Speiseplan; jetzt gilt es, sich ein Fettpolster für den nächsten Winter aufzubauen. Aber nicht nur Gewichtszunahme ist im kurzen Bergsommer angesagt. Kaum haben sie sich die Augen wach gerieben, paaren sich Murmeltiere schon. Nach etwas mehr als einem Monat Tragzeit bringt das Weibchen zwei bis fünf vorerst blinde, taube Junge zur Welt. Etwas abseits der Wohnkolonie in einem Wurfbau säugt es den Nachwuchs etwa sechs Wochen lang. Dann müssen auch die Halbwüchsigen an den langen Winter denken und sich an saftigen Kräutern voll fressen. (Pro Natura)

       
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