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Die Natur im Jahresverlauf

       
       

Juli: Trickreiche Königin der Bergblumen

       

In der Mode, in der Tourismusbranche, auf Flugzeugen – überall taucht das Edelweiss auf. Dabei täuscht die Königin der Bergblumen ihre Blüte nur vor. Und auf diesen Trick fallen nicht nur die Menschen herein.

Um das Edelweiss ranken sich viele Mythen. Manch junger Mann soll Kopf und Kragen riskiert haben, um seiner Angebeteten als Liebesbeweis eine dieser begehrten Alpenblumen zu bringen. Denn das Edelweiss, heisst es, gedeihe nur auf schmalen, unzugänglichen Grasbändern zwischen unbezwingbaren Felswänden. Und manch einer soll die Suche nach der Pflanze bitterlich mit dem Leben bezahlt haben.

 


Edelweiss © Pro Natura / K. Weber

Im Nationalpark am Wegrand

«Vieles, was über das Edelweiss erzählt wird, gehört ins Reich der Bergromane», sagt Peter Rüegg, Pro Natura Medienverantwortlicher. Tatsache ist: das Edelweiss wächst nicht nur an unzugänglichen Orten. Geeignete Lebensbedingungen bieten alpine Rasen auf kalkhaltigem Untergrund, oft an sonnenexponierten trockenen Südhängen. «Im Schweizerischen Nationalpark sind die Pflanzen sogar am Wegrand zu bestaunen», weiss der Biologe. Selten sind sie vor allem dort, wo ihnen der Mensch stark nachgestellt hat. Deshalb steht das begehrte Blümlein in allen Kantonen, in denen es vorkommt, unter strengem Schutz.

Pflanze vergrünt im Tiefland

Das Edelweiss ist vor allem deshalb so attraktiv, weil es durch einen Trick seine Blüte zu einer Scheinblume vergrössert. Sie setzt sich aus unscheinbaren gelbgrünen Blütenköpfchen und den auffälligen weissfilzig behaarten «Blütenstrahlen» zusammen. Letztere sind allerdings kein Bestandteil der Blüte, sondern die obersten Stängelblätter, welche die echten Blüten dicht umgeben. Damit entsteht jenes wohlbekannte sternförmige Aushängeschild, das Laien als «Blüte» bezeichnen. Dieser Trick hilft der Pflanze auch, Insekten anzulocken, die sie bestäuben.

Verpflanzt man ein Edelweiss in tiefe Lagen verschwindet der weisse Filz. Die Pflanze vergrünt. Vom vielbesungenen Silberstern bleiben einzig bis zu sieben Blütenköpfchen übrig. Der Haarpelz, der im Gebirge vor dem Austrocknen, der Kälte und der starken Strahlung schützt, ist im Tiefland nicht mehr nötig. (Pro Natura)

       
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Juli: Zaunwinde - Gärtnerschreck mit Heilkraft

       

Die Zaunwinde gehört zu den gefürchtetsten «Unkräutern» des Hausgartens. Sie ist kaum auszurotten und umwindet mit ihren langen Ranken andere Kräuter und Sträucher. Doch sie hat ihre guten Seiten.

Zuerst erscheint von der Zaunwinde nur ein harmloses Pflänzchen. Es streckt eine Ranke mit herzförmigen Blättchen aus dem Boden. Findet dieses einen «Partner», ist es mit der Idylle vorbei. Mit unglaublicher Geschwindigkeit windet sich die Zaunwinde in die Höhe. In nur eineinhalb Stunden kommt die Sprossspitze drei bis fünf Zentimeter vorwärts. Dabei bewegt sich der Spross immer im Gegenuhrzeigersinn. Wuchsstoffe steuern diese Suchbewegungen. Die Stängelspitze wächst zudem an der Aussenseite schneller, damit sich der Stängel krümmt und windet. Gut zu erkennen ist die Zaunwinde an den weissen trichterförmigen Blüten, die sehr dekorativ sind.

Delikatesse für Schildkröten

Gern gesehen ist die Winde trotzdem nicht. Der oberirdische Teil kann alles andere Grün überwuchern. Die Wurzeln reichen tief in den Boden hinab und sind kaum mehr wegzukriegen. Bei Schildkrötenhaltern steht die Zaunwinde allerdings hoch im Kurs. Das wüchsige Kraut kommt im Schildkrötengehege bald nicht mehr vor, weil sie von den Reptilien als Delikatesse gefressen werden. Kaninchenzüchter verfüttern die Zaunwinde ihren Tieren bei Verdauungsproblemen. Auch freilebende Tiere schätzen diese Pflanze. «Bei Nachfaltern, Hummeln und Schwebfliegen ist die Winde als Nektarlieferant sehr beliebt», weiss Pro Natura Schmetterlingsexperte Christoph Vogel.


Zaunwinde s © Pro Natura / K. Weber

Vielseitig verwendbares Heilkraut

Bekannt war die Zaunwinde einst auch als Heilpflanze. Matthiolus schrieb 1563:«So jemand verletzt were von vielgehen, der stoss dieser blumen und streich des saffts an den schaden, er genest.» Der bittere Pflanzensaft kann auch bei Magen- und Darmkatarrh oder Lungenkrankheiten angewendet werden. Den Samen wird halluzinogene Wirkung nachgesagt. Blütenessenzen werden für die Überwindung von Süchten und Abhängigkeiten verkauft. In China wird die Winde sogar kultiviert, deren Wurzeln gekocht und zu Reis serviert. Sie sind reich an Stärke und Zucker und wirken leicht abführend. (Pro Natura)

       
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